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28.11.2015

Bericht der Stuttgarter Zeitung über die Ziele unserer Initiative

Klicken Sie zum Lesen bitte auf den Titel des Artikels:

"Ist der Tunnel unter dem Fernsehturm riskant?" (Stuttgarter Zeitung vom 28.11.2015)

(Achtung: Der Artikel enthält einen Tippfehler: Die Strecke, die der Fildertunnel durch quellfähigen Gipskeuper gebohrt werden soll, ist nicht wie geschrieben 2,3 km, sondern 2 x 4,3 km lang - siehe die Kilometerskala unter der Geologieschichtengraphik unter 2 - Geologie nach Angaben der Bahn)

Unser Kommentar zu den beiden "Gegenargumenten" des im StZ-Artikel zu Wort kommenden Diplom-Bauingenieurs Herrn Walter Wittke:

WITTKE-ARGUMENT 1: „Wasserführende Schichten haben von den Firsten der Tunnelröhren einen Abstand von mehreren Tunneldurchmessern“, sagt Wittke, „Wasser kann somit von oben nicht bis zum Tunnel vordringen.“

UNSERE ANTWORT DARAUF: Die einfachste menschliche Logik sagt einem, dass dies nicht auf voller Länge des Fildertunnels gelten kann, denn dieser durchquert vom Talkessel kommend sämtliche darüberliegenden Schichten auf seinem Weg nach oben auf die Filderebene - siehe die Geologieschichtengraphik unter 2 - Geologie (Angaben nach Bahnvorlage). Mit anderen Worten: Welche Schichten auch immer erwarteter- oder überraschenderweise Grundwasser führen mögen, werden diese im Zuge des Aufstiegs zur Filderebene an einer oder gar mehreren Stellen durchstoßen. Wäre dem nicht so, wären auch die extrem teuren und zeitraubenden Abdichtmaßnahmen, auf die Herr Wittke im selben Atemzug hinweist, völlig unnötig! Er widerlegt sich in dem Artikel also selbst.

WITTKE-ARGUMENT 2: "Beim Bau der Wendeschleife der S-Bahn Stuttgart unter dem Hasenberg habe sich gezeigt, dass „der Tunnel auch bei einem wesentlich geringeren Abstand zu den wasserführenden Schichten trocken geblieben ist.“

UNSERE ANTWORT DARAUF: Das ist unbestritten. Doch was Herr Wittke im Interesse seines Brötchengebers, der Bahn, mit dieser Aussage suggerieren will, ist, dass mit dem Gelingen dieses einen Tunnels Anfang der 1970er Jahre ein Standard der Bohr- und Ingenieurstechnik im Umgang mit anhydritführendem Gipskeuper erreicht wurde, der für alle nachfolgenden und noch geplanten Gipskeupertunnelbohrungen weitere Quellungen sicher ausschließen lässt. Doch das Gegenteil ist der Fall! Der immer wieder bemühte Glücksfall "Hasenbergtunnel" ist tatsächlich DER EINZIGE Tunnel, der im Gipskeuper trocken und quellfrei blieb. ALLE ANDEREN in den nachfolgenden 40 Jahren riskierten Verkehrstunnelbohrungen im Gipskeuper konnten weder hier im Land noch im Musterland der Tunnelbaukunst, der Schweiz, das gefürchtete Auslösen von Gipskeuperquellungen vermeiden! Siehe dazu diese Chronologie von Verkehrstunnelbauten im quellfähigen Gipskeuper samt Quelldauern von Dr. geol. Jakob Sierig aus den "Schlichtungsgesprächen 2010":

FAZIT: An dieser Gegenüberstellung von Aussage und Gegenaussage lässt sich ein alter Grundkonflikt zwischen zwei Fachdisziplinen ablesen, den die Basler Zeitung anlässlich des quellenden Adlertunnels im Schweizer Jura einmal so zusammengefasst hat:

"Bei jedem neuen Juradurchstich warnen die Geologen vor dem Gipskeuper, während die Ingenieure erklären, inzwischen habe man das Problem im Griff. Das war auch beim 5,3 km langen Adlertunnel so."

Herr Wittke ist ein solcher Ingenieur - und kein Geologe, wie er neuerdings sogar betont. Nicht dass er deswegen fahrlässig im Gipskeuper herumbohren (lassen) wollte. Nein, wir anerkennen durchaus das insgesamt beeindruckende Knowhow und die Leistungen der Ingenieurszunft im allgemeinen [der Autor dieser Zeilen ist ja selber einer]. Aber Ingenieure verdienen ihr Geld durch "Machen" bzw. Bauen! Wissenschaftler wie z.B. Geologen eher durch Erkunden und ggflls. Warnen!

UND WIR? WIR müssen unsere Brötchen nicht in diesem Berufe-Konfliktfeld verdienen und sind damit unabhängig. Und als Unabhängige weisen wir unsere Mitbürger daraufhin, dass es ein Restrisiko immer gibt und dass ein wie immer geartetes menschenverursachtes Risiko für den Stuttgarter Fernsehturm wegen seines Werts als Leuchtturm-Bauwerk für überragende baden-württembergische Ingenieurskunst keinesfalls hinzunehmen ist (siehe unsere Überlegungen zu vernünftigen Risikoabwägungen)! Zumal dann nicht, wenn es wie hier nur eines marginalen baulichen Mehraufwands bedarf, um ihn nicht zu gefährden, siehe 3 - Die Alternative.

Zu der immer mal wieder geäusserten Theorie, wonach eine Tunnellage direkt unter dem Turm im Falle einer Quellung weniger Schaden anrichten würde als in Seitenabstandslage:

Auch im Kommentare-Schlagabtausch unter der Online-Ausgabe des obigen StZ-Artikels taucht dieses Argument auf, dass der Fildertunnel von den Planern mit Bedacht direkt unter dem Turm durchgebohrt werden solle. Wir zitieren diese Argumentation im Wortlaut aus den Online-Kommentaren (Hervorhebungen der wesentlichen Aussagen von uns):

Wenn man sich das alles genau durchsieht und versteht, erkennt man, dass das "Restrisiko" für den Fernsehturm, so überhaupt vorhanden, durch die Alternativforderung der Verlegung der Tunnelröhren um ca. 250 Meter sogar noch größer wird. Nehmen wir einmal an, der unwahrscheinliche Fall tritt ein, dass Wasser über mehr als einen Kilometer entlang der Tunnelröhren bis unter den Fernsehturm eindringt und dort zum Quellen des Anhydrits führt, so würden die Hebungen, falls bei mehr als 200 Metern Überdeckung überhaupt an der Erdoberfläche etwas ankommt, zu einer kuppelförmigen Aufwölbung mit mehreren hundert Metern horizontaler Ausbreitung führen, die direkt über den Tunnelröhren die höchste Hebung aufweist. Unmittelbar über den Tunnelröhren würde sich der Boden also lediglich senkrecht nach oben bewegen, mithin für einen Turm völlig unschädlich. Erst in einiger Entfernung vom Zentrum der Hebungen würde sich zusätzlich zur senkrechten Hebung noch eine Winkelverdrehung der Erdoberfläche einstellen, die zur Schiefstellung eines Turmes führen würde. -- Mit diesen Überlegungen kann jeder selbst erkennen, bei welcher Tunnelvariante (direkt unter dem Fernsehturm wie geplant oder 250 Meter neben dem Fernsehturm wie von den "Fernsehturmfreunden" gefordert) das "Restrisiko" für eine kritische Schiefstellung des Fernsehturms größer ist.

UNSERE ANTWORT DARAUF: Was im ersten Moment vielleicht dem einen oder anderen plausibel vorkommen mag, widerlegen schlicht die dramatischen Ereignisse in Staufen im Breisgau. Nach der Theorie des Verfassers dürften diejenigen Häuser nächst zur Bohrstelle am wenigsten oder gar nicht geschädigt sein, da sie ja nach den Gipskeuperquellvorstellungen des Autors "lediglich senkrecht" und "völlig unschädlich nach oben" gehoben werden. Doch das Gegenteil ist der Fall! Ausgerechnet die im engsten Radius rings um das Bohrfeld gelegenen Häuser sind auch diejenigen, die am schlimmsten geschädigt wurden! Hierzu zwei Belegfotos vom März 2015, auf denen das ehemalige Erdwärmebohrfeld, das inzwischen zu einem Versuchsfeld für alle nur erdenklichen Gegenmaßnahmen umfunktioniert wurde, von zweierlei Seiten zu sehen ist.

Zu den beiden Bildern: Das dem ehemaligen Erdwärme-Bohrfeld allernächst gelegene orangefarbene Haus musste zwischenzeitlich "amputiert" werden (= die zum Bohrfeld hin gelegene Haushälfte war nicht mehr zu halten und wurde abgerissen). Eine ehemalige Wäscherei wenige Schritte daneben wurde komplett abgerissen (weswegen sie auf den Fotos gar nicht mehr zu sehen ist). Und das schöne historische Gebäude mit den zwei Türmen ist das schwer beschädigte Staufener Rathaus, bei dem noch nicht klar ist, ob es noch zu halten sein wird oder nicht. Direkt rechts daran anschließend spaltet sich durch einen haushohen senkrechten Riss das hell beige verputzte "Rathaus-Café" vom Rathausbau ab. (Schauen Sie sich für Detailanblicke bitte unsere Staufen-Bildergalerie vom Frühjahr 2015 an.) Mit einem Satz und zwei Fotos: Unmittelbar rings um die ehemalige Bohrstelle herum haben sich die Gipskeuperquellungen also am allerverheerendsten ausgewirkt!

UNSER FAZIT:

WO Gipskeuperquellungen aus 100 Meter oder noch mehr Tiefe oben rauskommen, ist unvorhersagbar. Und: Gleichmäßig in der Art einer "Autohebebühne" geschehen sie nirgendwo - auch nicht unmittelbar an bzw. über der Havariestelle!

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