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11.01.2016

Ein Neujahrsgruß an alle bereits unterzeichnet und noch nicht unterzeichnet habenden Fernsehturmanhänger

Werte Fernsehturmfreunde.

Der im Februar diesen Jahres 60 Jahre alt werdende Stuttgarter Fernsehturm war und ist der erste seiner Art und damit ein weltbekanntes Aushängeschild baden-württembergischer Ingenieurskünste. Völlig zurecht wurde er dafür von den vorhergehenden Generationen zu unserem Stadt- und Landeswahrzeichen gekürt. Doch in Zeiten des Bahnprojekts Stuttgart 21 kehrt sich diese Wertschätzung in eine unglaubliche Risikobereitschaft werteblinder Bahnplaner um.

Bis heute wissen nur die wenigsten Stuttgarter und erst recht der Baden-Württemberger, dass unser Fernsehturm im Zuge des Projekts Stuttgart 21 von einem seiner Streckenäste, dem 9,5 km langen Fildertunnel, untertunnelt werden soll. Und schon gar niemand weiß, dass dies obendrein auch noch in der quellfähigen Schicht des Gipskeupers geschehen soll. Woher auch? Wurde es ihnen doch nie offen und ehrlich gesagt. Im Gegenteil: Erst dieser Tage hat der offizielle Bahnprojektsprecher Jörg Hamann in der SWR-TV-Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg“ vor einer Viertel Million Zuschauer im Land wider besseres Wissen bestritten, dass sich unter dem Fernsehturm überhaupt quellfähiger Gipskeuper befindet! Nach Ausstrahlung der Sendung hat er dem SWR gemeldet, dass ihm da „ein Versprecher“ unterlaufen wäre. Wohlgemerkt: das hat er dem SWR gemeldet, nicht aber im SWR!

Dieses verbreitete Unwissen aufzuklären und gleichzeitig Unterschriften gegen die riskante Fildertunneltrasse zu sammeln, sind die beiden Ziele der neu gegründeten Fernsehturmfreunde-Initiative, die zu unterstützen ich Sie bitte.

Wie sehen die Risiken für unseren Fernsehturm konkret aus?

Gipskeuper, genauer: unausgelaugter anhydritführender Gipskeuper, quillt bei versehentlich hergestelltem Wasserkontakt mit brachialer Kraft um bis zu 60% in seinem Volumen auf. Unter dem Fernsehturm beginnt in 185 Meter Tiefe eine solche Gipskeuperschicht. Und ausgerechnet durch diese sollen die zwei Röhren des Fildertunnels gebohrt werden. Da der Fernsehturm so lang und schmal ist, wäre bei einer einseitigen Hebung seines Fundaments um nur wenige Zentimeter rasch Gefahr in Verzug. Mit jedem Zentimeter, den sich der Boden unter dem Turmfuß heben würde, würde sich dessen Spitze um das gut Achtfache aus dem Lot neigen.

Eine Orientierung darüber, wie hoch quellender Gipskeuper noch aus großer Tiefe den Erdboden anheben kann, kann uns die Stadt Staufen im Breisgau geben. Deren gesamter Altstadtkern wurde durch eine Gipskeuperquellung aus 100 Metern Tiefe binnen 8 Jahren um über einen halben Meter angehoben! Und jedes Jahr kommen noch immer 3,5 cm dazu – allen bereits angestrengten Gegenmaßnahmen zum Trotz.

Spitzenreiter in Sachen Gipskeuperhebung ist die Autobahn A81 bei Oberndorf am Neckar. Dort hat sich die Fahrbahn in 20 Jahren um sage und schreibe 2 Meter gehoben! Und auch der ebenfalls im Gipskeuper liegende neue Leonberger Engelberg-Tunnel steht dem kaum nach. Während der Bauarbeiten hob sich dessen Sohle infolge Wasserzutritts in kürzester Zeit um 1,30 Meter! Und auch nach Eröffnung dauern die unkontrollierten Quellungen weiter an und verschieben mit beängstigender Kraft bis zu 3 Meter dicke Tunnelwandsegmente gegeneinander – mit der Folge ständiger teurer Nachsanierungen, wie sie erst jetzt wieder für 2016/17 angekündigt wurden.

Wenn wir nun wegen der mit 185 Meter knapp doppelt so großen Tiefenlage des Gipskeupers unter dem Stuttgarter Fernsehturm annehmen, dass statt 50 cm wie in Staufen nur 15 cm Hebemarge unter seinem Fuß ankommt, würde sich die Turmspitze bereits um 1,24 Meter aus der Lotrechten neigen! Hinzu käme noch die Auslenkung durch den Wind bis hin zu Sturmstärken. Was der geniale Konstrukteur Fritz Leonhardt für einen im Lot stehenden Turm an Windauslenkung plus Sicherheitsreserve einkalkuliert hat, kann sich bei einer Dauerschiefstellung plus Windauslenkung schnell zu unhaltbaren Werten summieren, die einen sicheren Aufzugbetrieb nicht länger erlauben oder gar zu einer erneuten und dann endgültigen Turmschließung führen würde. Von der weltweit unseren Ruf schädigenden Blamage eines "Schiefen Turms von Schwaben" gar nicht zu reden.

Zweifler an solch einem Szenario sollten sich bewusst machen: Wäre eine Gefahr für den Turm und die angrenzend untertunnelten Wohngebiete nicht real gegeben, würde die Bahn niemals den teuren Umstand eines Stopps und Rückzugs ihrer Tunnelbohrmaschine vor der anstehenden hochriskanten Übergangszone in den Gipskeuper in Kauf nehmen. Stattdessen würde sie die 5700 PS starke Maschine in einem Zug bis in den Talkessel Stuttgarts hinabbohren lassen. Genau dies tut sie jedoch nicht! Derzeit wird die Maschine umständlich aus ihrer bereits gebohrten 4-Kilometer-Röhre wieder zurückgezogen, um die 1,15 km lange Übergangszone vorsichtig unter permanenter menschlicher Sichtkontrolle und aus nächster Reaktionsnähe Meter für Meter mit konventionellen Baggern ausbrechen zu können.

Unter keinen Umständen darf auf den folgenden 2 x 4,3 Kilometern an irgend einer unbemerkten Stelle Grund- oder Bergwasser längs der zwei abwärtsgeneigten Röhren in den quellfähigen Gipskeuper eindringen. Wie gern das überaus fließfreudige sowie spalten- und rissefindige Element H2O entlang schräger Röhren, Schläuche oder Wände abwärts läuft oder sickert, kann jeder täglich unter der Dusche studieren. Dies darf weder während der Bohrarbeiten, noch in den nächsten 10, 50, ja 100 Jahren Bahnbetrieb je geschehen!

Wer will dafür garantieren? Und: haften?! Kein seriöser Geologe wird dafür seine Hand ins Feuer legen. Einzig der bei jeder Gelegenheit aus seinem Freudensteiner Versuchsstollen hervorgeholte Bahn-Dauerbeauftragte für Geologiefragen, Herr Professor Walter Wittke, schwört in jede Kamera, dass alles sicher beherrschbar ist. Allerdings nicht ohne seit neuestem hinzuzusetzen, dass er gar kein Geologe, sondern lediglich Bauingenieur ist. Ist das schon vorbeugende Schuldreinwaschung, falls bei den Bohrungen im Gipskeuper doch was schief läuft?

Heutzutage alles im Griff?

Auf der Internetseite des Bahnprojekts wird immer wieder beschwichtigend darauf hingewiesen, dass in Stuttgart ja bereits die S-Bahn-Wendeschleife an der „Schwabstraße“ sowie der direkt darüber liegende – und so gesehen an geologisch gleicher Stelle befindliche – Hasenbergtunnel erfolgreich durch Gipskeuper gebaut wurde, ohne dass es dabei zu Quellungen gekommen ist.

Der Öffentlichkeit soll mit Verweis auf diese eine geglückte Gipskeuperdurchbohrung suggeriert werden, dass die Tunnelbauer die Gipskeuperproblematik seitdem technisch "im Griff" haben. Doch eine chronologische Auflistung aller Tunnelbohrungen im Gipskeuper von dem Tübinger Geologen Dr. Jacob Sierig belegt das glatte Gegenteil:

Seit dem Hasenberg-Tunnelbau gab es in den 40 Jahren bis heute 6 weitere Verkehrstunnelbauten im quellfähigen Gipskeuper, die allen Erkenntnissen im Tunnelbau zum Trotz ALLESAMT zu nicht verhinderten Wasserzutritten, Quellungen und Bodenhebungen führten – drei davon sogar im Meisterland des Tunnelbaus: in der Schweiz! Vertrauensseelige Zuversicht ist also völlig fehl am Platz, hören die Erfolge bei Bohrungen im Gipskeuper doch, kaum eingetreten, leider bereits in den 70er Jahren wieder auf!

Ein alarmierendes Ausweichen der Bahn auf kritische Fragen

Dass auch die Planer der Bahn wissen, dass die (Stand Jan. 2016) noch nicht begonnene Aufgabe, insgesamt fast 15 Kilometer Tunnelröhren in quellfähigem Gipskeuper unter einer Großstadt bauen zu müssen, ein gewagtes Abenteuer ist, zeigt auch eine nichts Gutes verheissende Passage auf der Internetseite des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm. Dort findet sich unter „Häufg gestellte Fragen“ folgende Anfrage besorgter, offenbar zeitunglesender Bürger:

Das geologische Landesamt Freiburg rät von Bohrungen ab, die in den tiefen Schichten des Gipskeupers liegen, z.B. für Erkundungsbohrungen für Erdwärme. Wie steht die Deutsche Bahn dazu?

Die Antwort der Bahn darauf:

„Bohrungen zur Erkundung von Erdwärme in Schichten des unausgelaugten Gipskeupers sind beim Bauvorhaben Stuttgart 21 nicht vorgesehen.“

Vorsichtshalber haben wir von dieser alarmierend ausweichenden Antwort einen Screenshot gesichert.

Der Stuttgarter Fernsehturm: ein Opfer eines Lineals?

Warum die Bahn in Kenntnis dieser Warnung des Landesamts für Geologie vor Bohrungen im quellfähigen Gipskeuper ihren Fildertunnel dann auch noch direkt unter Baden-Württembergs wertvollstem Gebäude hindurchbohren will, ist schlechterdings unbegreiflich. Angesichts jeder Menge Platz links und rechts vom Turm langt sich doch jeder vernünftige Mensch an den Kopf und fragt sich: Warum um alles in der Welt nur diese abenteuerliche Planung?

Nun, auch darauf gibt es auf der Bahnprojektseite eine Antwort. Unter dem Suchbegriff „Fildertunnel“ steht da ein unscheinbarer Halbsatz, der da lautet:

„Der Verlauf des Tunnels orientiert sich an der Luftlinie (..).“

Der berühmteste weil erste Fernsehturm der Welt: ein Opfer eines Lineals?? Solch einen unnötigen Leichtsinn sollten sich wertebewusste und zugleich demokratisch mündige Bürger nicht gefallen lassen, gleich wie sie ansonsten über das Projekt Stuttgart 21 denken mögen. Einer Verlegung des Fildertunnels um einen viertel Kilometer weg vom Turm in Richtung Osten steht platzmäßig überhaupt nichts im Weg, ist der Turm doch nur von Wald und Sportplätzen umgeben. Dadurch würde der Fildertunnel gerade einmal um 70 Meter länger. Der bauliche Mehraufwand wäre also minimal, der Sicherheitsgewinn für unser baden-württembergisches Aushängeschild dafür umso größer.

Werte Fernsehturmfreunde, bitte beteiligen Sie sich zahlreich an unserer Unterschriftensammlung (Online unter www.fernsehturmfreunde.de/unterzeichnen oder per Flugblatt-Postkarte) und bitten Sie auch Ihre Angehörigen, Freunde und Arbeitskollegen, die mit ihrem Herzen oder/und Stolz an unserem Landeswahrzeichen hängen, zu unterzeichnen, damit wir mit genügend Nachdruck gegenüber Bahn und Politik auftreten können.

Dipl.-Ing. Klaus Gebhard für die Initiative Fernsehturmfreunde.de

PS:

Auf unserer Internetseite www.fernsehturmfreunde.de finden Sie zu jeder der hier getroffenen Aussagen Belege in Form von Bildern, Graphiken, Videos und Dokumenten. Schauen Sie sich dort in Ruhe um.

Sollten Sie Fragen haben oder Hinweise auf uns unbekannte Fakten oder Dokumente geben wollen, benützen Sie das Kontaktformular auf unserer Internetseite.

Und sollten Sie unseren Handlungs- und Aktionsspielraum mit erweitern wollen, finden Sie dort auch unser Spendenkonto. Herzlichen Dank dafür schon im Voraus.

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