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Aktueller Stand der Fildertunnelbohrungen - November 2015

Unser Zeitfenster: Die Rückwärtsfahrt der Tunnelbohrmaschine

Die Bohrreihenfolge der diversen Plan-Abschnitte der beiden 2 x 9,5 km langen Fildertunnelröhren ist ziemlich verschachtelt, da nur eine Tunnelbohrmaschine zur Verfügung steht, die obendrein wegen des brisanten Gipskeupers auch nicht die gesamte Wegstrecke bis in den Talkessel hinab bohren darf, sondern in etwa der Mitte der Wegstrecke für einen guten Kilometer aussetzen muss.

Zu obiger Graphik: Bisher gebohrt ist lediglich Pfeil 1! Von dessen Endpunkt aus ließe sich unsere Beispieltrasse mit ausreichendem Seitenabstand zum Fernsehturm fahrdynamisch perfekt anschließen, siehe 3 - Die Alternative.

Der Rückzug hat begonnen

Am 12. November 2015 hat die einzige in Stuttgart zum Einsatz kommende Tunnelbohrmaschine laut DB-Pressemitteilung ihren vorläufigen Bohr-Endpunkt in der östlichen Röhre kurz vor dem Ortsbeginn von Degerloch erreicht (auf obiger Graphik Endstrich am Pfeil 1). Wegen der hier beginnenden gefährlichen Übergangszone in den quellfähigen anhydritführenden Gipskeuper muss die riesige Maschine mit ihrem 11-Meter-Durchmesser-Bohrschild in einer umständlichen, bis zu 3 Monate dauernden Prozedur wieder aus dem von ihr bereits gebohrten "Loch" herausgezogen und auf die geplante Weströhre umgesetzt werden. Denn die TBM = Tunnelbohrmaschine ist sich sozusagen selbst im Weg - genauer den Mineuren, die sich des Quellungsrisikos der ab Degerloch beginnenden Gipskeuperschicht sehr wohl bewusst sind. Ansonsten würden sie nie und nimmer den großen und teuren Zeitverlust eines 4 km langen Rückzugs der TBM in Kauf nehmen!

Eine Perspektivumkehr ist hier also nötig: Was der Öffentlichkeit als besondere Vor- und Umsicht der Bahnplaner dargestellt wird, ist wie die Kehrseite der Medaille zugleich das offizielle Eingeständnis, dass das von uns hier warnend aufgezeigte Risiko einer versehentlich herbeigeführten desaströsen Gipskeuperquellung unter dicht besiedelten Wohngebieten samt unserem Fernsehturm tatsächlich real gegeben ist!

Solange die TBM nun Meter für Meter wieder aus ihrem gebohrten Loch herausgezogen wird, kommen die Mineure nicht an die anstehende Übergangszonenschicht mit dem auf Wasserkontakt "explosiv" reagierenden Gipskeuper-Anhydrit heran. Erst wenn die TBM komplett aus ihrem 4 km-Loch herausgezogen ist, können die Mineure mit ihren bergbaugeeigneten Baggern in die Röhre einfahren und ab Degerloch Ortsrand mit höchster Vorsicht mit dem stückweisen Ausbrechen der nächsten 1150 Meter Fildertunneltrasse beginnen. Dies geschieht mittels eines zuerst zu grabenden großen seitlichen Querstollens gleichzeitig in der Ost- und der Weströhre (siehe das gelbe Mittelteil in obiger Graphik).

Während die Mineure die heikle Übergangszone in den Gipskeuper auszubaggern und mühsam gegen eindringendes Wasser abzudichten versuchen, soll sich die TBM planmäßig auf der Weströhrentrasse erneut vom Fasanenhof kommend bis zum südlichen Degerlocher Ortsrand vorbohren. Ist die Übergangszone auf beiden Tunnelplanachsen geschafft, soll sich die schließlich dort wieder angekommene TBM durch die "konventionell" ausgebrochene und betonierte 1150 m lange Übergangszone in der Weströhre sozusagen im Leerlauf hindurchschieben und dann mit ihrer 3,6 km-Rest-Schildfahrt bis in den Stadtkessel beginnen.

Nimmt sie erst einmal ihren Betrieb nach der Übergangszone in der stellenweise bis zu 90 Meter dicken und durchgängig quellfähigen Gipskeuperschicht wieder auf, ist sie noch ca. 740 Meter vom Fernsehturm entfernt. Idealerweise sollten wir bis dahin unser Anliegen einer Verschiebung der Fildertunneltrasse weg vom Fernsehturm durchgesetzt haben.

Wie lange die Bewältigung der Übergangszone mit konventionellem Bohrgerät und aufwendigen Sonderbauten zur möglichst wasserdichten Verhinderung von Wassereintritten längs der Tunnelröhren brauchen wird, ist von heute aus äusserst schwer einzuschätzen. Von ein bis zwei Jahren ist nach allen bisherigen Erfahrungen mit dem, wie sich allerorten zeigt, keineswegs "best geplanten" Projekt auszugehen. Dennoch sollten wir vorsichtshalber eher von dem sehr viel kürzeren Zeitfenster des 3-monatigen Rückzugs der Tunnelbohrmaschine aus der Oströhre ausgehen.

Das sollte im Zeitalter lichtschneller elektronischer Kommunikationsmedien lange genug sein, um alle Fernsehturm-Freunde im ganzen Land aufzuwecken und sie auf das - gänzlich unnötige - Risiko einer Gefährdung unseres Landeswahrzeichens durch nur allzu häufig geschehende Bohrungsfehler im quellfähigen Gipskeuper aufmerksam zu machen (siehe unsere Auflistung aller bereits passierten Gipskeuperschädigungen im Land). Spätestens nach einem Blick auf eine um einen viertel Kilometer vom Turm weggerückte und dabei nur 70 Meter längere Ausweichtrasse sollte ein Klick auf "Unterzeichnen" unserer Forderung nach einem Verschieben der Fildertunneltrasse weg vom Fernsehturm allen Vernünftigen im Land ein Herzensanliegen sein.

Ein Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten vom 7. Oktober 2015 schildert recht anschaulich die Bohrlogistik samt der geplanten zeitlichen Abfolge der Bauarbeiten am Fildertunnel unter der Überschrift "Zwangspause für den Tunnelbohrer".

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